Seit dem Frühling stand ich für diese lang gewünschte Unternehmung schon auf standby, weil teils unzuverlässige und ungünstige Wetterprognosen gegeben waren.
Der Haken war nicht der Pegel, die Sonne, der Regen, die Jahreszeit; nein ich möchte ja genussvoll gegen die Fließrichtung zur nächstgelegenen Stadt Neuburg a.d. Donau mit meinem Canadier hinauf. Da sollte zumindest der Windmesser halbwegs passen. Windgeschwindigkeiten kurz vor 10 m/s und darüber schreckten mich dann doch gut ab.
Am Samstag den 8. Juli 2017 war es dann soweit für diese Gepäckfahrt. Wie gesagt es war alles vorbereitet, verpackt, nur die Verpflegung war teils noch nicht ergänzt. Als Einsatzpaddel wählte ich mein leichtes stabiles Grey Owl Tenderfoot, das Paddelblatt ist nicht groß, aber mittlerweile ist mein Catch so ausgeprägt, das ich mit dieser kleineren Blattgröße sehr zügig vorankomme. Mein Moll Contra Prügel ist für die mehr steinigen Zonen gedacht und mein Jagdpaddel von Holzstoff, ist für die Rückfahrt die erste Wahl.
Die Gesamtwetterlage zum Thema Wind beim Start um 0930 Uhr war an diesem 8. Juli nicht optimal, dennoch mit den auffrischenden Südwestwind von 10 Km/h und steigend noch gut vertretbar. Die Sichtweite betrug 16 Kilometer, der Pegel 158 cm, die Wassertemperatur glatt 22 Grad. Laut Vorhersage wird mir mit etwas Pech ein Gewitter begegnen und das was so dazugehört.
Diesmal zog ich wieder einmal meine Fahrradhandschuhe an, weil die zu bewältigende Distanz gegen den Wind und Strömung doch eine andere ist. So paddelte ich nun die vier Stromkilometer zum ersten Zwischenziel, der Staustufe Ingolstadt.
Kurz vor der Staustufe über einen steinigen Abschnitt schnippte mein Moll- Contra durch groben Steinkontakt sehr fix und straff Richtung Kinn. Dank der kurzen Schaftlänge wurde mein Kinn knapp verfehlt.
Nach einer Stunde am Paddel legte ich gegen 1030 Uhr an der Staustufe Ingolstadt an. Die Schleuse wollte ich nicht benutzen und trug alles zum Donaustausee um. Diese Aktion mit kurzer Flüssigkeitsaufnahme dauerte tatsächlich dreißig Minuten, sodass ich 11 Uhr in den Donaustausee stach. Schon vor der Staustufe und nun auf dem Stausee duftete es nach Ostseeluft. Der Stausee mit seiner Vogelinsel und Vogelwelt, das belebte Gebäude vom Ruderclub und Segelclub, vermittelten eine Stimmung, als ob man in irgendeinen Küstengebiet wäre. Die keineswegs langweilige Stauseeetappe machte richtig Spaß, auch weil mein Kanu wie durch zu weiche Butter flutschte.
Um 11.45 Uhr legte ich zu einer kurzen Inselpause mitten in der Donau an. Ich hatte schon einige Inseln vorher passiert, und entschloss mich eher spontan dazu, weil sie nicht von Wasservögeln besetzt war und sich perfekt zum Anlanden bot. Dort nahm ich nur einen Snack zu mir und vertrat meine Beine etwas. Das Plätschern der Wellen an das Inselufer wirkte sehr entspannend.
1205 Uhr legte ich schon wieder ab, weil ich an der Staustufe Bergheim eine längere Rast beabsichtigte.
Nach etwa einer halben Stunde passierte ich den Ort, wo ich als Bergfahrer mit meinem Kanu schon einmal am weitesten vorgestoßen war. Obwohl in Fließrichtung diese Stecke von einem Sommer und Winter schon bekannt, präsentierte sich die größte Hartholzaue der Donau durch das gegen die Fließrichtung paddeln, als pures Neuland. Die Uferböschungen sind stellenweise etwa acht Meter hoch und werden hier und da auch sehr flach. Einige verwunschene Fleckchen sind als Talfahrer einfach nicht auszumachen. Irgendwann kam ein zusammengehängtes Konstrukt von zwei Schlauchbooten entgegen und kurz danach ein Floß mit Stützrädern, nein Stützbalken, die wohl das Floß vom Ufer in unkontrollierbaren Situationen fernhalten soll. Der Geräuschpegel dieser Besatzung passte überhaupt nicht in diese Ruhe und letztendlich war der andere Pegel vielleicht schuld, weil das Floß ans Ufer krachte und die Dachkonstruktion in den Bäumen hing.
Um 1420 legte ich an der Staustufe Bergheim mitten in der geöffneten Schleuse an. Geplant war im Vorfeld klassisch umzusetzen, nun war ich aber aus Neugierde in der Schleuse schon einmal drin und musste einfach der Sturmleiter hinauf. Dank Wurfsackleine war die Schleusung möglich, meine zwei fünf Meter langen Bootsleinen hätten hierfür nicht gelangt.
Pünktlich nach der doch langwierigen Schleusenaktion tröpfelte es. Eine junge Frau und ein junger Mann mit Motorrad, unterbrachen dort ihr Sonnenbaden und beeilten sich schnell das Weite zu suchen. Der Himmel sah plötzlich auch nicht gerade rosig aus und es begann an zu Donnern und das Tröpfeln wurde zum Regenschauer. So kam es mir gelegen, dort an Land wie geplant eine kleine Pause zu machen.
Auf dem Stausee sichtete ich plötzlich ein Segelboot mit Kurs Richtung Schleuse. Die Besatzung hatte es lagebedingt sehr eilig und sichtlich damit zu kämpfen. Als das Boot nun nah genug war, entpuppte sich es als offenes Kanu mit Besegelung. Der Bootsname lautete Grazy Horse. Dieses erfreute mich natürlich, endlich einmal eine Besatzung im offenen Kanu begrüßen zu dürfen. Wir kamen schnell ins Gespräch und so fix überschlugen sich die wettertechnischen Ereignisse auch. Der Starkregen veranlasste uns die Ponchos anzulegen. Roger und Olly luden mich zu einer kleinen Tasse Bier ein. Glücklicherweise nahm ich nur eine halbe Tasse, weil der folgende Sturzregen den Rest der Tasse auffüllte. Es folgte eine Art Sintflut, ich weiß es nicht. Jedenfalls barg ich den Rest Gepäck und das Kanu vom Wasser, weil es doch beachtlich von oben Wasser aufnahm. Plötzlich wurde das Wetter noch abenteuerlicher, die Regentropfen kamen mit Sturmböen und mehr unwetterartig waagerecht daher. Ich glaube es hat auch etwas gehagelt. Glücklicherweise flog mein kieloben geparktes Kanu nicht davon, als ich mich wohl schon knapp vor zu spät auf dem Weg zum Kanu begab. Roger und Olly nahmen auch noch nötige Handlungen an ihrem Kanu vor. Die Zeit verflog im nu und letztendlich hingen wir durch die Naturgewalten doch knapp zwei Stunden fest. 1615 Uhr trennten sich unsere Wege.
Der Stausee war nach dem Sturm spiegelglatt, die Vogelwelt wieder munter. Durch die Windstille genoss ich den Lauf vom Kanu, die Paddeltechniken, die Umgebung von Wasservögeln, einzelne Kolonien von Seerosen und vieles mehr.
Nun begann wieder der Flusscharakter, dabei kam mir in den Sinn, dass ich noch keine Biberburgen sichtete, plötzlich tauchten doch noch einige auf. Das Wetter spielte weiter Katz und Maus, erst Regentropfen, Starkregen, Gewitter im Ohr, Blitze gesichtet. Nun kam mir das Gewitter doch zu nahe und wahr schon dran aus dem Wasser zu fliehen, da war es schon wieder vorüber.
Die folgende Hartholzaue mit ihren teils hohen Bäumen rückte mangels Uferböschung bis an den Fluss heran, so als ob der Fluss zwischen zwei grünen hohen Wänden eingefasst ist.
Nach dieser grünen Fassade begann eine urige breitere Auenlandschaft. Danach wurde es wieder schmaler, drei Finger an der Schafthand glühten und plötzlich klang weit hergetragene Musik im Ohr. Das Ziel, die Stadt Neuburg an der Donau kündigte sich an. Es sollte noch etwas dauern bis plötzlich nach einer Flusskurve, das riesig wirkende Schloss von Neuburg, vorm Bug sich aufrichtete.
Nicht weit weg davon landete ich am Steg vom Donauruderclub um 1800 Uhr an. Nun wurde mir auch der Zweck der Musik von den Spielleuten bewusst. Schade es galt nicht meiner Ankunft, es war Stadtfest.
Nun richtete ich mich auf dem Gelände ein, vertilgte meine Verpflegung und besorgte eine Flasche Bier. Ab und zu musste ich Rede und Antwort stehen und einige verstanden gar nicht, dass man solch eine Distanz gegen die Strömung überhaupt paddeln kann.
Das nächtliche Feuerwerk erweckte bei mir nicht die Begeisterung. Gegen 24 Uhr verkroch ich mich in mein Tipi- Tarp und ruhte teils schlaflos, das Wichtigste aber, zufrieden dahin.
Gegen 0530 Uhr war ich ohne zu Frühstücken, wie nach alt bewährter Waldläufer oder Voyageur- Manier zügig aufgebrochen. Ich ließ es mir nicht nehmen und paddelte noch ein Stück bergauf um die nächste Flusskurve mit Brücke in Augenschein zu nehmen. Währenddessen platzte eine Blase am Finger. Einige Nachtwandler geisterten noch lautstark herum.
Nach diesem kurzen Abstecher begann die Talfahrt Richtung Sonnenaufgang. Es dauerte eine Weile bis meine Finger sich an den leichten Schmerz gewöhnten. Erstaunlich fix kann ich nun auch halbwegs gut auf der Nichtschokoladenseite zurecht, zumindest um das Kanu gerade halten. Absicht war es in Bergheim an der Schleuse einen Kaffee zu kochen und zu frühstücken. Auf dem Weg dorthin erlebte ich einige stimmvoll von Vögeln begleitete Morgengrauen hintereinander, weil leichter Regen ständig kam und ging.
Es war ein interessantes Naturschauspiel. Plötzlich machte sich irgendetwas bemerkbar. Siehe da zwei Wildschweine spähten zum Kanu. So drehte ich kurz ein und sichtete noch ein Wildschwein mitten in einer Altarmmündung.
Um 06:45 Uhr landete ich in Bergheim an und frühstückte, währenddessen aktivierte ich die langwierige Schleusenkammerflutung.
Nach dem Frühstück paddelte ich in die Schleusenkammer und lies sie wieder ablaufen. Nun kletterte ich diesmal der Leiter hinunter. 0755 Uhr paddelte ich aus der Schleusenkammer heraus. 10,7 Stromkilometer bis zum nächsten Zwischenziel der Staustufe Ingolstadt sind nun Programm. Das Programm kurz nach dem ablegen war ein anderes.
Es tröpfelte und tröpfelte, für meine Begriffe zu wenig um einen Poncho überzuwerfen. Mein Holzfällerhemd hielt noch dicht und warm. Nun regnete und regnete es immer stärker. Nun beschloss ich mein Tempo zu erhöhen, weil ich so hoffte aus der Regenwolke zu entkommen. Mittlerweile war ich sowas von durchnässt, das es sich nach einem Vollbad mit Klamotten glich. Kurz überlegte ich anzulegen, um meine Klamotten zu wechseln. Dafür hätte ich mein Tipi – Tarp rasch aufgeschlagen. war mir aber nicht kalt. Nun paddelte ich doch zügig aber nicht hastig weiter, um die Befürchtung einer plötzlichen Kälteempfindung entgegenzuwirken. Leider war es nicht warm genug, um auf fast alle Klamotten verzichten zu können, weil ja die Haut der beste Wasserschutz ist.
An der Ingolstädter Staustufe hörte es plötzlich auf zu regnen. Dort entschloss ich mich gegen ein Schleusen, weil ich so nun auch weiter während dem schleppen von Sack und Pack in Bewegung blieb und nicht zum Frieren anfing. Nun nur nicht die Konzentration verlieren bei dem steilen Abstieg der rutschigen Treppen hinunter. Plötzlich gerade im Kanu Platz genommen, änderte sich das Wetter, vielmehr die Lufttemperatur, die merklich anstieg. Auf den letzten vier Kilometern wurde in den Schongang geschaltet und die vergangenen Stunden im Nachhinein noch einmal genossen. 1045 Uhr legte ich zufrieden im Heimathafen an.
Grüße Mike