Selbstverständlich habe ich gewusst dass es da Flüsse und Seen gibt, Spree, Havel, Landwehrkanal, natürlich den Wannsee und auch vom Müggelsee im Osten habe ich gehört. Man ist ja ständig über irgendwelche Brücken gefahren. Sogar auf die Glienecker Brücke habe ich mich mal verirrt. Aber so richtig nah gegangen ist mir die Gewässersituation damals, Ende der 80-er Jahre, als ich einige Jahre in Berlin gelebt habe, nicht. Jedoch seit ich Kajak fahre hat sich mein Verhältnis zu den Berliner Gewässern grund-legend verändert: ein dringendes Interesse an dieser Seite meiner ehe-maligen Heimat ist erwacht.
Nachdem ich endlich das richtige Kajak für längere Paddelausflüge habe, setzte ich im Oktober den Wunsch um und fuhr nach Berlin. Dort hatte ich Glück und fand in Köpenick einen optimalen Ausgangspunkt für die ge-planten Touren. Ein Stellplatz auf einem „Industriegrundstück“ direkt am Fluß gelegen – ein nicht erwarteter Traum!
Gegen 13:00 Uhr sind endlich die Formalitäten erledigt und der Wohnwagen eingerichtet, da entdecke ich dass es auf dem Weg zum Sanitärbereich ein Restaurant gibt: Mittagsgericht für 4,50 Euro, bingo! da gibt’s nichts zu überlegen, jetzt wird gegessen!
Nebenbei Karte studieren und erstmal sehen wo ich gelandet bin und wie es weiter geht: ich bin also in Wendenschloß, einem Stadtteil von Köpenick im Südosten von Berlin. Die Dahme (nie gehört!) ist hier, eine Bundes-wasserstraße, aus dem Süden kommend und mit vielen Seen vernetzt, fließt am Stellplatz vorbei zur Altstadt von Köpenick wo sie in die Spree mündet. Die Spree wiederum kommt aus östlicher Richtung, hat erst wenige Kilometer zuvor den Müggelsee durchquert, fließt ins Berliner Zentrum am Regierungsviertel vorbei und weiter nach Spandau in die Havel.
Frisch gestärkt und gut gelaunt hole ich die Paddelsachen raus, setze mein Kajak ein und paddle zwischen den angelegten Motorbooten die 30 Meter bis zum Fluß und dann links nach Süden, dahmeaufwärts, sofern man bei der geringen Strömung überhaupt von aufwärts sprechen kann. Es ist herrlich! Ein breites Gewässer, beiderseits bebaut, mit Werften, großen und kleinen, alten und neuen, einfachen und mondänden Wohngebäuden, mit und ohne Gärten, Bootsstege und Liegeplätze, Segelboote, Motorboote, Wassersportvereine noch und nöcher. Das Wetter passt, leicht bewölkt, nicht zu kalt, wenig Wind, recht freundlich eigentlich, ich bin happy.
Nach der ersten Biegung bin ich im Langen See, die Zivilisation lässt nach, an den Ufern wird es grün und bewaldet. Mir fällt ein Motorboot auf, das direkt auf mich zuhält. Ich bin froh, dass ich mein Boot sicherheitshalber noch mit Namen und Vereinsnamen versehen habe, denn es ist die Wasserschutzpolizei. Als sie sehen dass ich ein Braver bin und mich an die Kenn-zeichnungspflicht halte drehen sie ab und ich grinse in mich hinein.
Vom Wasser aus entdecke ich linkerhand den Müggelturm, der auf einer Anhöhe zwischen Dahme und Müggelsee liegt. Gegenüber der Bammel-ecke ist ein von Laubwald eingesäumter Sandstrand, ich plausche mit einem Hundebesitzer, trinke einen Becher Tee und sehe mich an der Umgebung satt. Landwärts Richtung Norden, keine 2 km entfernt, liegt der Müggelsee .
Auf dem Langen See geht es nun weiter, vorbei an den Inseln Großer und Kleiner Rohrwall auf die auf einer Halbinsel liegende Ortschaft Schmöckwitz zu. Hier, an der Windecke treffen Langer See, Große Krampe, Seddinsee, Zeuthener See und Dahme aufeinander. Dazwischen liegen die kleinen Inseln Werderchen und Weidenwall. Von Schmöckwitz nach Schmöckwitzwerder führt eine stark befahrene Brücke über die Dahme.
Ich sehe die Brücke an und obwohl es schon später Nachmittag ist und der Wind aufgefrischt hat, lässt es mir doch keine Ruhe eben noch unter der Brücke durchpaddeln. Unter der Brücke merke ich, dass es hier ordentlich zieht und auf dem Zeuthener See schlagen mir unangenehmerweise Wind und lästige Wellen entgegen. Danke, das genügt! Nun will ich doch endlich zurückfahren. Beim Umdrehen ist mir wegen des böigen Windes und der Wellen nicht besonders wohl, also beiße ich auf die Zähne denn ich will absolut keine nasse Überraschung erleben. Mir fehlt einfach die Erfahrung bei Wind und Wellen und bin froh dass das Wendemanöver glückt.
Noch bevor ich wieder an der Brücke bin sehe ich am rechten Ufer ein Zweier-Faltboot und ein weiteres Kajak. Die Paddler legen mir wärmstens eine Tour nahe, die ich auf Anraten eines Bekannten sowieso schon auf der Liste habe: die Müggelspree, ein Muß für jeden Genußpaddler.
Nun heißt es aber ranhalten, denn es liegen knapp zehn Kilometer vor mir, es hat auch merklich abgekühlt und ich möchte noch bei Tageslicht am Wohnwagen sein.
Ich passiere die Rohrwall-Inseln nun auf der anderen, westlichen Seite, so dass die Route aus dieser Richtung neue Blickwinkel und Ansichten auf gut belegte Bootsstege, Wassersportvereine und Datschen freigibt; dazwischen große Bäume, Schilf und nur wenige Menschen. Ich finde es ist schön hier!
Am Ende des Langen See’s beginnt die Regattastrecke, die ich beim Hinweg gar nicht richtig registriert habe weil meine Augen am östlichen Ufer am Seebad Wendenschloß, Schmetterlingshorst, Müggelturm und in der Ufernatur spazierengegangen sind.
Diesmal paddle ich bewußt parallel zu den Bojen der Regattastrecke. Oh Mann!, ich hatte keine Ahnung wie lange so eine Anlage ist. Schon bei der 500 m-Marke dachte ich das zieht sich ganz schön hin. Am Ende, nach zwei Kilometern war ich echt betroffen wie endlos mir die Strecke vorgekommen ist obwohl ich ordentlich am Löffel gezogen habe. Davon, dass ich mit der Strömung gepaddelt bin habe ich seit der Umkehr überhaupt nichts gemerkt.
Ab hier bin ich dann wieder mitten in der Zivilisation. Es ist kaum Verkehr auf dem Wasser, alles ist friedlich, der Wind hat sich wieder gelegt. Ich bin neugierig ob ich meinen Anlegeplatz zwischen den vielen Stegen und Booten wieder finde. Das Navi macht es mir leicht, ohne Navi hätte ich sicher länger suchen müssen obwohl ich mir zwei oder drei Anhaltspunkte gemerkt hatte. Es ist schon recht voll hier an den Ufern mit zahllosen Liegeplätzen und etlichen Schiffshallen, aber es ist friedlich und ruhig und wunderschön.
Am Steg begrüßt mich eine Ente mit neugierigem Blick. Vermutlich spekuliert sie ebenso auf das Abendessen wie ich .
Die vier Stunden und zwanzig Kilometer lassen Zufriedenheit und gute Laune sich in mir breit machen – so stell‘ ich mir die Freizeit vor!
Und es gab noch sechs weitere Touren 🙂 mehr in der Galerie hier: